HEIMAT HABEN • Programm


Was bedeutet Heimat – und wie klingt sie? Für jede und jeden ist Heimat etwas anderes: ein Ort, ein Gefühl, ein Mensch, ein Klang. Der via-nova-chor München (Leitung: Kerstin Behnke) lädt mit seinem Konzertprojekt „Heimat haben“ zu einer musikalischen und gesellschaftlichen Spurensuche ein. Diese führt ihn mit seinen Konzerten nach Landshut, Erlangen und Regensburg.

Im Zentrum des Projekts steht der Dialog: Für „Heimat haben“ hat der via-nova-chor Menschen aus ganz Bayern getroffen – Verwurzelte und Zugezogene, Verweilende und Durchreisende – und mit ihnen über ihre persönliche Sicht auf „Heimat“ gesprochen. Ausschnitte dieser Gespräche sind auch Teil des Konzertgeschehens: über ausliegende QR-Codes können Besucher*innen an einzelnen Stellen im Konzert O-Töne daraus direkt auf dem eigenen Handy anhören.

Seit 2020 schreibt der via-nova-chor jährlich den „Bayerischen Kompositionspreis“ aus. Ausgezeichnet wurden inzwischen 17 Komponistinnen und Komponisten mit Wohnsitz oder Wurzeln in Bayern, die im Rahmen eines Auftrags Chorwerke zu Texten bayerischer oder mit Bayern verbundener Dichter*innen komponiert haben. Die ausgewählten Texte von Emerenz Meier, Max Dauthendey, Maria Janitschek, Jean Paul, Hedwig Lachmann und Christian Morgenstern kreisen um Naturverbundenheit, Nähe, Herkunft – und jede Vertonung eröffnet für sich eine eigene Perspektive auf das Thema „Heimat“.

Eine Auswahl der Kompositionen aus den letzten fünf Jahren, darunter drei Uraufführungen, die in „Heimat haben“ zum ersten Mal erklingen, hören Sie heute.


Schweigen, op. 39 Nr. 1
Max Reger (1873–1916)
Text: Gustav Falke (1853–1916)

Nun um mich her die Schatten steigen,
Stellst du dich ein, oh, süßes Schweigen,
Du, aller tiefsten Sehnsucht wert.
Sehr hab ich unter Lärm und Last
Des Tags nach dir, du scheuer Gast,
Wie einem lieben Freund begehrt.

Das wirre Leben ist verklungen,
In Höhen ging und Niederungen
Längst jeder laute Schall zur Ruh.
Stimmen, die der Tag verschlang,
Erklingen, mystischer Gesang –
Ja, süßes Schweigen, rede du.

Was über deinen stillen Mund
Aus einem rätseltiefen Grund
Mit leisem Murmeln quillt herauf,
Ich halte zitternd meine Schalen
Und fang die feinen Silberstrahlen
Verborgner Quellen selig auf.


Findet ihr den Trost nicht in der Nähe
Matthias Schaff (* 1989)
Text: Jean Paul (1763–1825)

Findet ihr den Trost nicht in der Nähe:
so erhebt euch und sucht ihn immer höher;
der Paradiesvogel flieht aus dem hohen Sturm,
der sein Gefieder packt und überwältigt,
bloß höher hinauf, wo keiner ist.

Solo: Allison Jones


Ich sah einen hohen schwarzen Wald
Mathias Rehfeldt (* 1986)
Text: Emerenz Meier (1874–1928)

Ich sah einen hohen, schwarzen Wald,
Die Nacht darüber. Kein Sternlein strahlt.
Durch wildgerissene Wolken nur
Dämmert des Mondes rote Spur.

Unheimlich ist’s, so verlassen sein,
Kein‘ Heimat haben, kein Mütterlein,
Weitum im All keine Lieb‘, kein Brot –
Aus dunklem Gebüsch ragt der Tod.


Zuversicht
Klaus Hinrich Stahmer (* 1941)
Text: Christian Morgenstern (1871–1914)

Bist du nie des nachts durch Wald gegangen,
wo du deinen eignen Fuss nicht sahst?
Doch ein Wissen überwand dein Bangen:
Dich führt der Weg.

Hält dich Leid und Trübsal nie umfangen,
dass du zitterst, welchem Ziel du nahst?
Doch ein Wissen übermannt dein Bangen:
Dich führt dein Weg.

Solo: Carmen Fiedler-Stahl


In die Ferne (UA)
Katrin Klose (* 1990)
Text: Hedwig Lachmann (1885–1918)

Die Mondessichel mit dem Abendstern
An dunkler Himmelswölbung tief und fern –
Das Leben am Gestade, wo ihr treibt,
Fließt sachter, bis nur ein Erinnern bleibt.

Seefahrer ihr, an Bord der Mitternacht,
Vor Anker nun auf eurer Wanderwacht!
Seefahrer um den Pol der Ewigkeit
Im Kreis von Dunkelheit zu Dunkelheit!

Soli: Christoph Ciesla, Georg Jöchle, Heidrun Lipp, Antonia Vogelmann


Bist du nie des Nachts durch Wald gegangen
Lutz Landwehr von Pragenau (* 1963)
Text: Christian Morgenstern (1871–1914)

Bist du nie des nachts durch Wald gegangen,
wo du deinen eignen Fuss nicht sahst?
Doch ein Wissen überwand dein Bangen:
Dich führt der Weg.

Hält dich Leid und Trübsal nie umfangen,
dass du zitterst, welchem Ziel du nahst?
Doch ein Wissen übermannt dein Bangen:
Dich führt dein Weg.


Sie hat Rosen angezündet
Ines Lütge (* 1974)
Text: Max Dauthendey (1867–1918)

Meine Liebste ist mit Lächeln
Durch die Dornen hingegangen,
Und an allen wilden Dornen
Hat ein Blühen angefangen.

Sie hat Rosen angezündet,
Eine blieb am Rock mir hangen,
Und blieb dicht an meinem Herzen
Bang rot wie der Liebsten Wangen.


Findet ihr den Trost
Lucia Birzer (* 1995)
Text: Jean Paul (1763–1825)

Findet ihr den Trost nicht in der Nähe:
so erhebt euch und sucht ihn immer höher;
der Paradiesvogel flieht aus dem hohen Sturm,
der sein Gefieder packt und überwältigt,
bloß höher hinauf, wo keiner ist.

Solo: Simone Brückner (5./6.7.), Hanka Theisinger-Hartnack (19.7.)


Ich sah einen hohen schwarzen Wald
Elisabeth Fußeder (* 2000)
Text: Emerenz Meier (1874–1928)

Ich sah einen hohen, schwarzen Wald,
Die Nacht darüber. Kein Sternlein strahlt.
Durch wildgerissene Wolken nur
Dämmert des Mondes rote Spur.

Unheimlich ist’s, so verlassen sein,
Kein‘ Heimat haben, kein Mütterlein,
Weitum im All keine Lieb‘, kein Brot –
Aus dunklem Gebüsch ragt der Tod.

Soli: Christoph Ciesla, Charlotte Deppe, Carmen Fiedler-Stahl, Paul Sabel


Woher
Alexander Strauch (* 1971)
Maria Janitschek (1859–1927)

Tiefblau der Himmel, hell glänzt der Firn,
da fällt ein Tropfen auf meine Stirn.
Ich wend mich um, und spähe, spähe…
nicht Wolken, nicht Menschen in meiner Nähe.
Du schöner Himmel, von Glanz umwoben,
sag, weinen denn die auch dort oben?


In die Ferne (UA)
Henrik Ajax (* 1980)
Text: Hedwig Lachmann (1885–1918)

Die Mondessichel mit dem Abendstern
An dunkler Himmelswölbung tief und fern –
Das Leben am Gestade, wo ihr treibt,
Fließt sachter, bis nur ein Erinnern bleibt.

Seefahrer ihr, an Bord der Mitternacht,
Vor Anker nun auf eurer Wanderwacht!
Seefahrer um den Pol der Ewigkeit
Im Kreis von Dunkelheit zu Dunkelheit!

Solo: Carmen Fiedler-Stahl (5./6.7.), Mira Sabel (19.7.)


Zwischen Wachen und Schlafen
Hubert Zaindl (* 1975)
Text: Emerenz Meier (1874–1928)

Aus leichtem Traum war ich erwacht,
Der Mondschein blickte nieder.
Die Burschen sangen durch die Nacht
Die alten weichen Lieder.

Der nahe Wald barg rauschend sich
In neblige Gewande –
Und wieder fand ich träumend mich
Im stillen Schlummerlande.


In die Ferne (UA)
Tomasz Skweres (* 1984)
Text: Hedwig Lachmann (1885–1918)

Die Mondessichel mit dem Abendstern
An dunkler Himmelswölbung tief und fern –
Das Leben am Gestade, wo ihr treibt,
Fließt sachter, bis nur ein Erinnern bleibt.

Seefahrer ihr, an Bord der Mitternacht,
Vor Anker nun auf eurer Wanderwacht!
Seefahrer um den Pol der Ewigkeit
Im Kreis von Dunkelheit zu Dunkelheit!

Soli: Simone Brückner, Holger Haushahn, Mira Sabel (19.7.), Paul Sabel, Carmen Fiedler-Stahl (5./6.7.)


Sie hat Rosen angezündet
Heinrich J. Hartl (* 1953)
Text: Max Dauthendey (1867–1918)

Meine Liebste ist mit Lächeln
Durch die Dornen hingegangen,
Und an allen wilden Dornen
Hat ein Blühen angefangen.

Sie hat Rosen angezündet,
Eine blieb am Rock mir hangen,
Und blieb dicht an meinem Herzen
Bang rot wie der Liebsten Wangen.


Wachen und Schlafen
Marco Hertenstein (* 1975)
Text: Emerenz Meier (1874–1928)

Aus leichtem Traum war ich erwacht,
Der Mondschein blickte nieder.
Die Burschen sangen durch die Nacht
Die alten weichen Lieder.

Der nahe Wald barg rauschend sich
In neblige Gewande –
Und wieder fand ich träumend mich
Im stillen Schlummerlande.

Waterphone: Rainer Brückner, Klangschale: Paul Sabel, Gläser: Lisa Böffgen, Jella Mährle, Carmen Fiedler-Stahl


Abendlied
Max Reger (1873–1916)
Text: August Heinrich Plinke (1855–1915)

Leise geht der Tag zur Rüste;
purpurrot zum letztenmal
glüht der Wald, als ob ihn küsste
heiß der Sonne goldner Strahl.

Weiße Nebelschleier steigen
wallend aus dem See empor.
Rings ist Stille nur und Schweigen
und kein Laut klingt an mein Ohr.

Und es streben alle müden
Seelen nun der Heimat zu.
Denn der Abend lockt mit Frieden
und die Nacht mit süßer Ruh.

Und in ferne Weltenweiten
wogt die Seele mir hinaus,
gleich als wollte sie bereiten
sich zum ewgen Flug ins Vaterhaus.


Kleingedrucktes: Sie haben ein Stück auf dieser Seite gefunden, das Sie im Konzert nicht gehört haben? Der Grund ist ganz einfach: In den drei Konzerten unserer Bayern-Tour variiert das Programm geringfügig. Aus pragmatischen Gründen haben wir trotzdem alle Stücke auf einer Seite zusammengefasst. Was Sie heute nicht gehört haben, erklingt also in einem der beiden anderen Konzerte auf unserer Reise durch Bayern. Die Veröffentlichung unserer Podcast-Audios wird im September sein. Dort hören Sie dann in Ausschnitten alle Auftragswerke aus dem Bayerischen Kompositionspreis, auch diejenigen, die in den Konzertprogrammen im Juli nicht berücksichtigt werden konnten.


Aktuelle Chorbesetzung „Heimat haben“:

Sopran: Charlotte Deppe, Carmen Fiedler-Stahl, Steffi Hiltl, Sarah Höppner, Dorothee Jäger, Allison Jones, Sophia Kerscher, Jella Mährle, Mira Sabel, Hanka Theisinger-Hartnack, Antonia Vogelmann.

Alt: Lisa Böffgen, Simone Brückner, Corinna Fendt, Verena Klasen, Heidrun Lipp, Christa Pashalides, Hanna Schwenkglenks

Tenor: Daniel Benker, Rainer Brückner, Christoph Ciesla, Paul Sabel, Bernd Schweikert

Bass: Lennart Ackermans, Clemens Friedrich, Petrik Grund, Holger Haushahn, Georg Jöchle, Heiko Kunz, Christoph Nebas, Sebastian Schüle, Henning Wiberg, Frank Winkler